Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) by Wolfgang Hohlbein

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) by Wolfgang Hohlbein

Autor:Wolfgang Hohlbein [Hohlbein, Wolfgang]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Egmont INK.digital
veröffentlicht: 2014-02-05T23:00:00+00:00


17

Wir waren nicht mehr zu Watson gegangen, und ich hatte auch das Verhör mit Adler geschwänzt und mich in das mir zugewiesene Zimmer zurückgezogen, denn nach allem Überstandenen hatte sich mein Körper nun doch mit Nachdruck gemeldet und darauf bestanden, mich wenigstens kurz hinzulegen und ihm eine oder zwei all der Stunden Schlaf zurückzugeben, die ich ihm in den zurückliegenden Tagen vorenthalten hatte.

Ich erwachte mit quälendem Durst, der noch quälenderen Erinnerung an ebenso krude wie erschreckende Albträume und dem sicheren Wissen, nicht nur ein paar Stunden geschlafen zu haben, sondern den Rest des Tages und auch noch die darauffolgende Nacht. Vorsichtig schwang ich die Beine von der ausgeleierten Metallfederpritsche, wunderte mich ein bisschen, keine kalten Füße zu bekommen, als ich den Steinfußboden berührte, und begriff erst jetzt, dass ich mich nicht nur mit meinen Schuhen, sondern komplett angezogen hingelegt hatte und auf der Stelle eingeschlafen war. Meine Kleider hatten schon vorher ausgesehen, als hätte ich seit einer Woche darin geschlafen, jetzt sahen sie aus, als hätte ich darin eine Woche in einer Kloake verbracht. Wahrscheinlich rochen sie auch so. Aber ich hatte so meine Zweifel, dass ich in diesem Etablissement eine funktionierende Wäscherei finden würde. Oder Kleider zum Wechseln.

Während ich geschlafen hatte, hatte jemand einen dreibeinigen Schemel hereingebracht, auf dem eine zerschrammte Emailleschüssel mit Wasser und ein Handtuch lagen, das nicht nur wie Sandpapier aussah. Ich benutzte beides trotzdem ausgiebig und konnte die Spinnweben des Schlafes wenigstens aus meinem Gesicht wischen, wenn auch nicht aus meinen Gedanken. Da war noch immer die Erinnerung an quälende Albträume, die nicht annähernd so gestaltlos gewesen waren, wie ich es mir gewünscht hätte, sodass ich mich hütete, diesen Bereich meiner Erinnerung zu genau zu erforschen.

Stattdessen dachte ich an Allison, deren Zimmer nur wenige Türen weiter auf demselben Flur lag, fuhr noch einmal mit beiden Händen über meine Kleider, um sie so weit in Ordnung zu bringen, wie es eben möglich war, und wollte mich dann zu ihr begeben. Doch ihr Zimmer war bereits verlassen und das Bett ordentlich gemacht. Ich war ziemlich sicher, dass Allison das selbst getan hatte.

Ich machte mich auf die Suche nach ihr, fand jedoch weder Allison noch Chip und lief dafür dem stämmigen rothaarigen Pfleger in die Arme, der mir schon gestern aufgefallen war, und der mir auch jetzt wieder das Gefühl gab, ihn eigentlich erkennen zu müssen. Doch auch heute gelang es mir nicht.

»Inspektor«, begrüßte er mich, immer noch gähnend. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Sie können mir verdammt noch mal sagen, wieso diese Tür abge…?« Ich stockte. Inspektor? »Kennen wir uns?«

»Mulligan«, erwiderte der Pfleger, immer noch mühsam gegen das Gähnen ankämpfend, aber nun nahm er wenigstens die Hand vor den Mund. So appetitlich war der Anblick seiner schlechten Zähne auch nicht, dass ich Wert auf eine Fortsetzung gelegt hätte. »Sie haben mich zweimal verhaftet. Aber das haben Sie bestimmt schon längst wieder vergessen.«

Das hatte ich tatsächlich, doch nun erinnerte ich mich. Mulligan war ein waschechter irischer Dickschädel, dessen Fäuste oftmals schneller reagierten als sein Gehirn und der sich damit immer wieder ins Gefängnis zurückgeboxt hatte.



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